Wenn man sich einen G-Cat (einen Was ??) als Katamaran ausgesucht hat, dann fällt man unweigerlich auf, denn er hat drei Holme, zwei Trampoline, keinen Baum und kein Schwert (die Anderen nannten es eine ‚Dschunke’! Schluchz!), hat aber ein Texel-Rating von 108. So etwas hatte ich vor einigen Jahren gesucht und gefunden, denn mein Ideal ist das Wasserwandern nahe an der Küste. Mit diesem Boot (und davor mit einem Prindle 18) hatte ich in den letzten 12 Jahren einen Törn auf der Nord- und einige auf der Ostsee gemacht, wie auch schon zwei mal die süd-liche Bretagne heimgesucht. Dieses Jahr waren mir leider alle in Frage kommenden Mitsegler abhanden gekommen und so stand ich kurz vor der geplanten  Abreise gen Süden alleine da. In letzter Minute fiel mir eine Webseite ein, auf der ein Grüppchen von Einhand-Katamaranseglern über seine Törns der letzten Jahre berichtete. Also: kurzer-hand Kontakt aufgenommen, angefragt, um Vermittlung eines Vorschoters gebeten, und nach 1-2 Tagen war meine Teilnahme arrangiert. Revier: Von Bliesdorf (liegt gleich neben Grömitz) rund Rügen und soweit zurück, wie man in 10 Tagen kommen würde.

Während des aufwändiges Aufbaus  meines Kats (zerlegt auf dem Anhänger ist er schmaler als mein Wagen, die Fahrt der ca. 600 km daher weit weniger stressig) traf ich dann die Mitsegler: Maik, der jüngste (33 J.), der nächst-ältere sein Vater, Wilhelm,  (ca. 58 J.), und dann Dieter, Walter (75 J.!), Rainer, Günter (alles Dart-Einhandsegler ), Manfred und Axel (Hobie 16 bzw. 17) sowie Peter als mein Schotte;  die meisten zwischen ca. 58 und 68 Jahren alt! Die Gruppe macht, in verschiedenen Zusammenstellungen, Ostseetörns schon seit über 15 Jahren, und sie kennen einander hauptsächlich von Regatten her.

Daher hatten sie auch alle schon eine eingefahrene Routine hinsichtlich des Ablaufs der Tagestouren: Beim Rein- und Rausholen der Boote packen Alle mit an, und es wird auf See stets darauf geachtet, wo die jeweils Anderen sich befinden. Alle führten ein kleines Zelt, Schlafsack, Luft- oder Isomatraze, Wäsche, und den Proviant für den gesamt-en Törn an Bord in einem oder mehreren wasserdichten Seesäcken mit. Es wird prinzipiell am Strand, in der Nähe der Boote, aber nicht in der Nähe von Campingplätzen übernachtet.

Darin ähnelte ihr Arrangement sehr dem von mir seit ca. 1990 praktizierten, nur daß ich, um Gewicht zu sparen, Proviant nur für 1-2 Tage mitführte, und gerne in der Nähe von Campingplätzen Station machte, allein schon wegen der dort vorhandenen sanitären Anlagen  -  dies brachte mir sehr schnell den schlimmen Ruf ‚Warmduschers‘ ein.

Am zweiten Sonntag im Juli ging es dann los, allerdings  erst am späten Nachmittag, denn es blies schon ziemlich heftig. In direkter Linie fuhren wir auf Boltenhagen zu, wo wir ca. 1 ½ Std. später am Strand direkt vor dem Ort zwischen Strandkörben unsere Zelte aufstellten. Walter der Strandkorbwart kannte die Gruppe schon und, da sie vom letzten Aufenthalt in guter Erinnerung geblieben war, schienen wir wohlgelitten zu sein. Die zahlreichen Strandkörbe waren sehr praktisch, um den Wind vor den Zelten abzuschwächen und die mittlerweile schon etwas feucht geword-enen Klamotten zu trocknen. Zum Kochen etablierte sich jetzt, zu meinem Erstaunen, ein jeder Segler einsam und allein mit seiner eigenen Ausrüstung, bereitete sein Essen zu und nahm es vollkommen allein ein. Einhandsegler sind schon von der Definition her Einzelgänger, was sich dann wohl auch auf das Essen erstreckt.

Am nächsten Morgen  - welche Überraschung  -   strahlende Sonne. Leider konnten wir nicht lange davon profitier-en, denn die ersten  Strandbesucher kamen schon kurz nach acht Uhr, um ihre Körbe wieder in Besitz zu nehmen, so daß wir uns sputen mußten, um die Boote startklar zu machen und loszusegeln.

 

In Kühlungsborn landeten wir zuerst am Anfang des Strandes, in der Nähe eines dortigen Segelklubs, auf dessen Ge-lände wir unsere Zelte aufstellen zu können erhofften. Diese Hoffnung wurde aber bald zunichte, denn der dortige Vorstand hatte kurz zuvor beschlossen, keine Gäste mehr aufzunehmen, so daß wir weiter ziehen mußten und zwar bis zum anderen Ende des Strands. Hier landeten wir nur ca. 600 von dem Ort entfernt, an dem ich auf dem großen Törn mit meiner Frau in 1991 etwa um die gleiche Jahreszeit angekommen war. Aber dieses Mal begann hier das Wetter erst richtig stürmisch zu werden und es bis zum Ende des Törns zu bleiben. Damals in 1991 waren wir inmitten eines wahren Orkans hier gelandet und mußten in einem nahe gelegenen Häuschen erst einmal Zuflucht suchen. Danach hatten wir jedoch noch 2 ½ Wochen nur schönes Wetter gehabt.

Das Kühlungsborn von heute ist ziemlich aufgemotzt mit Wessi-Architektur, unzähligen zum Verkauf stehenden Eigentumswohnungen und anscheinend auf einer Konsumwelle schwimmend. Aber der Sand am offiziellen Strand ist beeindruckend fein und sauber, und Alles ist sehr gepflegt. Unsere Zelte standen jedoch am FKK-Strand, wo der Sand deutlich weniger fein war, und wo der Strand durch ein mittleres Steilufer abgegrenzt wurde. Hier saßen wir für drei Tage fest, denn es blies jeden Tag stärker, so daß wir sogar in einer Nachts morgens gegen halb drei, bei Regen und Sturm, in Panik aus den Zelten kriechen und alle Boote sichern mußten, denn zwei schwammen schon und drohten abzutreiben -  der Wasserspiegel war infolge des Windes so sehr angestiegen, daß keines der Boote mehr auf dem Trockenen stand.

Erst am dritten Tag wagten wir es, bei Windstärke um 5-6 mit Böen, aber wenig Brandung, weiter zu fahren. Nach langem Kreuzen erreichten wir am späten Nachmittag einen nicht weit vor Warnemünde liegenden Platz, vermutlich in der Nähe von Diedrichshagen, der eigentlich wunderschön war, wenn es nicht wieder  -  immer noch  -  nur so geschüttet hätte: ein ansehnlicher Strand vor einem ziemlich hohen Steilufer oder sehr schrägen Abhang, mit dichtestem Wald überwachsen, durch den verschlungene Pfade und eine Treppe hinauf führten, die bei einem etwas protzigen Restaurant/Hotel landete. Immerhin gab es hier moderne und saubere sanitäre Anlagen (aber bloß keine Duschen !...), die bald durchgehend ausgebucht waren.

So, wie das Wetter am Abend gewesen war, war es auch am nächsten Morgen, so daß wir denn leider bald wieder, diesmal mit erheblich günstigerem Wind, in See stachen und ziemlich gut Strecke machen konnten, nicht ohne unterwegs einmal auf der Höhe des Naturschutzgebiets nördlich von Ahrenshoop schnell an Land gehen und sämt-liche Segel herunter nehmen zu müssen, denn es kündigte sich ein wirklich bedrohlicher Sturm an.  Zusammenge-kauert im Windschatten meines Bootes (es hat vergleichsweise große Schwimmer) überstanden wir auch dieses Fährnis und wurden am Abend mit einem friedlichen Strandidyll belohnt:  Prerow ist kleiner als Kühlungsborn aber landschaftlich sehr ansprechend, vor allem auch wegen seiner ausgedehnten Bewaldung und seiner ‚Rückseite’, einem Ausläufer des  Prerower Stroms.

 

Da wir schon vergleichsweise spät im unserem Reiseplan lagen, segelten wir am folgenden Tag gleich direkt in Richtung Hiddensee weiter. Nach anfänglichem brauchbaren Wind überkam uns aber nach einigen Zeit für ca. 1-2 Stunden eine ziemliche Windstille so daß wir für eine ganze Weile nur so dahin dümpelten. Erst gegen den späten Nachmittag frischte es dann auf und zwar so sehr, daß wir die letzten Meilen auf der Westseite von Hiddensee regelrecht vor dem Wind in Richtung Vitte flogen.  Hier landeten einige von uns direkt am Strand um die Möglich-keit des Zeltens hier am Ufer zu erkunden, aber Alles sprach dagegen: ein irrer Wind mit Aussicht auf mehr, ein stark abfallender Strand, die schon vorgerückte Stunde, und leichte Anflüge von NVS (‚Nase-Voll-Syndrom‘); außerdem gab es hier alle ca. 50 m Buhnen, die einen Start bei Starkwind und hoher Brandung am nächsten Tag ziemlich ausgeschlossen hätten. Also wurde kurzerhand der Entschluß gefaßt, um die Nordspitze (Leuchtturm, Steil-ufer, ‚Dornbusch‘ für die Hiddensee-Kenner) herum auf die nach Rügen zu gelegene Seite von Vitte zu fahren. In der Theorie alles sehr einfach, aber bald kamen die ersten ausgedehnten, sehr flachen Stellen, und wir hatten, ständig Grundberührung; die Ruderblätter standen hoch und es kostete größte Anstrengung, bei dem starken Wind zu steuern.

Vor Vitte fuhren Einige von uns erst einmal eine Weile am Ufer auf- und ab auf der Suche nach einem Lagerplatz, der sich aber nicht so leicht finden lassen wollte; erst nach einigem Suchen fand sich schließlich,  eine Lücke im Schilf und etwas flachen Wasser mit einer Mischung von Schlick, Sand und Sonstigem, ein Stückchen Gras, auf dem wir uns im Halbdunkel und bei mächtigem Wind, in der Nähe einer kleinen Fischerhütte und einiger umgedrehter Boote niederließen. Es war ein langer und anstrengender Tag gewesen.

 

Früh am nächsten Morgen erschien pünktlich der rangniedrigste Beamte der Naturschutzbehörde und entspann sich etwas, was wir diplomatischerweise als Dialog beschreiben wollen, obgleich es ein gutes Maß an undiplomatischem Vokabular enthalten haben soll. Der Ausgang dieses Austausches ließ sich nicht genau definieren, jedenfalls blieben wir, denn an ein Weitersegeln war, wegen des starken Windes, garnicht zu denken. Am Nachmittag kollabierte mein braves (nun schon 13 Jahre altes) Zelt unter dem Wind, und ich mußte mir dadurch behelfen, daß ich eines der her-umliegenden alten Boote halb aufrichtete und das Zelt im Windschatten neu errichtete. Unter diesem alten Boot gab es sogar noch etwas Platz um ein primitives ‚Wohnzimmer‘  zu etablieren, das aber, außer mir,  keine weiteren Interessenten fand.  Man kann es eben nicht Allen recht machen ... .

Am zweiten Tag wurden wir dann früh morgens mit einem Besuch von der zweit-untersten und der untersten Hier-archiestufe der Naturschutzbehörde beehrt; und das Gespräch lief wiederum auf unsere ernst gemeinten Willensbe-kundungen hinaus, sobald wie möglich, davon segeln wollten. Wären wir eine ganze Woche geblieben hätten wir, auf der Hierarchieleiter nach oben kletternd, uns zumindest rechnerisch auf einem morgendlichen Besuch des zustän-digen Ministers  freuen können.....

Das wollten wir aber dann doch nicht abwarten sondern unter allen Umständen versuchen, nach Schaprode (Rügen)  zu segeln. Der Wind blies weiterhin mit ca. 6-7 Stärken  (in Wirklichkeit dann wohl eher 5-6, aber er fühlte sich an, wie 9-10). Am Vorabend war Liane mit Kevin (11 J.) dazugekommen, mit dem Wilhelm als erster los fuhr, um die Situation zu testen.  Die Situation schien schnell unter Kontrolle zu sein so daß als Nächste wir zum Aufbruch be-wegt wurden (‚... mal sehen, wie weit die wohl kommen ....’?). Da es überall flach war hielten wir uns vorerst dicht ans Hiddenseer Ufer, aber die Ruderblätter waren die meiste Zeit oben. In der Tat, den größten Teil der Strecke hätte man wohl zu Fuß gehen können. Nach etwa der Hälfte des Weges erreichten wir dann endlich tiefes Wasser und konnten zügig lossegeln. Inzwischen fingen auch die Anderen an, näher zu kommen und uns zu überholen  -  an diesem Tag fuhren übrigens, wegen des starken Windes, alle nur mit dem Großsegel. 

In Schaprode kamen wir an genau derselben Stelle an, wie meine Frau und ich in 1991. Es hat sich einiges geändert, größer und moderner ist Alles geworden. Aber die Lage ist immer noch herrlich: Es bläst der volle Wind von der offenen Ostsee über Hiddensee herüber, aber eine größere Welle kann sich auf den paar Seemeilen zwischen den beiden Inseln nicht bilden  -   ein ideales Surf- und Cat-Revier. .Da die Wetterprognose aber weiterhin für ein Weitersegeln ungünstig war, fiel schnell der schnell Entschluß, den Törn hier abzubrechen. Sieben von uns fuhren am nächsten Tag mit einem größeren Taxi nach Bliesdorf, holten die Autos mit den Anhängen, kehrten am selben Tag zurück, und der Donnerstag war dann der allgemeine Abbau- und Abreisetag.

Dieser Törn war bestimmt kein Spaziergang; nach Aussagen der Anderen hatten sie noch nie einen Törn unter derart-igen Wetterbedingungen durchgeführt, aber er verlief, bei allen Schwierigkeiten und Fährnissen, für mein Gefühl sehr gut und es war ein Erlebnis, das ich, zurückschauend, nicht hätte missen wollen. Es war einer der wenigen Törns, auf denen ich weitgehend meinen Traum habe verwirklichen können: In einer Gemeinschaft sportlich segeln, Landschaften vom Meer her kommend kennen lernen, Spaß haben und sich erholen. Ich kann diese Art von Urlaub nur empfehlen, auch für Segler anderer Marken   ( Darts beißen keine Nacras oder Prindles, sie sind ganz friedlich !)

Interessiert?         => Internet: <www.catamaransegeln.de>

Juan von Haselberg.